Sonntag, 11. März 2007

Gemälde und Zeichnungen - Julie Mehretu

Im Kunstverein Hannover vom 10.02.2007 bis zum 01.04.2007

Mailkommunikation zwischen Trainer und flaneur

Hallo, Herr flaneur,
da haben wir ja heute mal eine Ausstellung im Kunstverein gesehen, die nicht so eine große Menge Kunstwerke zeigte. Diesmal gab es sogar leere Wände in vielen Räumen. Nach den üppigen Ausstellungen in der Kestnergesellschaft und im Sprengelmuseum tat mir das ganz gut.

Ja, und diesmal gab es sogar Sitzgelegenheiten (in bewährtem einladenden und besucherfreundlichen Design), die zu eingehender Kontemplation ermunterten! (Ich finde, Herr Trainer, wir sollten in Zukunft auch mehr den Besucherservice thematisieren!)

Kunstverein Hannover EingangIch habe mir noch einmal meine Notizen angeschaut, die ich vor den Bildern von Julie Mehretu gemacht hatte und wollte mal wissen, was Sie darüber denken: Im ersten und letzten Raum Aquarelle auf Büttenpapier, die an Landschaftsfragmente denken lassen. Mit eigenem Duktus der Künstlerin gepinselt und gezeichnet, aber ich musste an Bilder von Wols denken.

Für meinen Geschmack die besten – weil authentischsten – Werke der ganzen Ausstellung. Intime, zart-verspielte Aquarelle/Zeichnungen, spontan und ohne viel konzeptuelle Überlegung aufs Blatt gehaucht!

Meine notierten Stichworte zu den weiteren Räumen: übermalte 3D-Architektur-Umrisszeichnungen, glatte Oberfläche, Konfetti-Konstruktivismus, Linien wie Stacheln, einheitliche Formensprache, Neutralität wie auf Euro-Geldscheinen, Tatlin-Turm.

Wobei diese großformatigen Arbeiten ja im Aufbau sehr kompliziert und generalstabsmäßig durchkomponiert sind: feine Strichzeichnungen, die Gebäude oder Gebäudefragmente wiedergeben. Darauf durchsichtige Folien, auf die wiederum Strichzeichnungen aufgelegt sind. Darüber dann bunte, exakt vermessene Formen, entweder einer vorgegebenen Form (z.B. Fahnen) nachempfunden, oder ohne Vorgabe eingesetzt (z.B. die „Konfettis“). Zudem kontrastieren die exakten Architekturzeichnungen mit den freieren Wirbeln, die an Tornados oder den „Tatlin-Turm“ erinnern. Es entsteht ein kontrastierendes Über- und Nebeneinander von Zeichnung und Form, Raum und Fläche, freier und exakter Zeichnung.

Auch wenn die Notizen nicht danach klingen, mir gefallen die Bilder. Die Kunst bedient sich der verschiedensten Elemente aus der Kunstgeschichte, aber die Künstlerin hat eine eigene Ausdruckmöglichkeit entwickelt, die mit Wiedererkennungseffekten arbeitet ohne langweilig zu sein. Durch das Schichten und Übereinanderlegen von vielen Strichen – teils mit Lineal gezogen, teils mit Schwung gezeichnet oder „geschrieben“ – konnte ich immer neue Anknüpfungen für Interpretationen und Gedankenspiele finden.

Meine Meinung: Kennste eins, kennste alle! Mir schien die Technik doch recht automatisiert zu sein. Spätestens nach Raum 3 gab es keine Überraschungen mehr.

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