Samstag, 28. Juli 2007

Reinhard Stoppe und Norbert Fleischer

In der Galerie vom Zufall und vom Glück vom 28.6. bis 01.08.2007


Rezension von Flaneur


Zunächst mal zum Publikum: Es ist doch erstaunlich und beruhigend zugleich, dass sich das Eröffnungspublikum der Galerien Hannovers voneinander unterscheidet. Natürlich trifft man immer wieder auf bekannte Gesichter. Aber es gibt zum Glück immer wieder neue Damen und Herren beim Kunstgenuss zu begutachten. Ein Beweis dafür, dass der Kreis Hannovers Kunstinteressierter so klein doch nicht sein kann.

Die aktuelle Ausstellung in der „Galerie vom Zufall und vom Glück“ stellt die Werke zweier Künstler einander gegenüber. Warum nun gerade die Arbeiten dieser beider Künstler? Die doch offensichtlich so diametral verschieden sind?

Im Erdgeschoss die ungezähmtere Kunst von Norbert Fleischer: Skizzenhaft auf Leinwand Gemaltes. Kann man sie „Ölskizzen“ nennen? Das Charakteristische ist die Unmittelbarkeit dieser Kunst: aus dem Hirn mittels Hand und Pinsel direkt auf die Leinwand. Der Genius teilt sich ungebremst mit: Porträts, Figuratives, Organisches, an Exkremente Erinnerndes, Sprachfetzen, Sätze, Parolen... Ludwig Zerull verglich diese Kunst in seiner Eröffnungsrede – gar nicht abwertend gemeint – mit den Sprüchen auf öffentlichen Herrentoiletten.

Der Kontrast wartet im Untergeschoss. Reinhard Stoppe malt Muster. Und dies in einer Exaktheit, die weniger an Malerei denn an fabrikmäßig Gedrucktes denken lässt. Seine Motive entnimmt er der bunten Alltagswelt: Hemdenkaros, schottische Kilts, Marmeladendeckel, die Lego-Bauten seines Sohnes und – neuerdings – afrikanischer Musik, deren akustische Rhythmen er in optische zu übertragen versucht. Es scheint dies eine Kunst zu sein, die der Subjektivität des Künstlers gänzlich misstraut.

Donnerstag, 3. Mai 2007

Kunstausstellung - Hans-Peter Feldmann

Im Sprengel Museum Hannover vom 15.04. bis 22.07.2007

Rezension von Trainer

Locker, leicht und lächelnd

David oder Adam?Der erste Raum mit Werken von Feldmann wirkt sehr schlicht. Unterschiedlich kolorierte Bilder eines Berges auf der linken Seite. Verschiedene Landschaftsbilder auf der rechten Seite. Gleich links zwei Porträts in Öl, die wirken, als seien sie vom Flohmarkt, aber doch seltsam „falsch“ gemalt. „Warum soll das Kunst sein?“ habe ich mich da gefragt. Genau diese Frage habe ich mir auch bei den folgenden Räumen weiter gestellt und dabei dann festgestellt, dass Hans-Peter Feldmann genau dieses Hinterfragen unterstützen möchte. Es sind Werke, die wie Kunst funktionieren und die Kunst ironisieren, weil sie Bekanntes verwenden und gleichzeitig auf die Schippe nehmen.

Im zweiten Raum sind unter anderem Glasvitrinen zu sehen, die an Joseph Beuys’ Werke erinnern. Darin hat Feldmann viele kleine Gegenstände aufgereiht, die bei jedem Menschen Assoziationen hervorrufen, die aber so nicht im Kunstkontext verwendet werden: alte Sparbüchsen, Fernbedienungen, Kinderschuhe und vieles mehr. Beinahe jeder hat diese Dinge schon einmal in der Hand gehabt und verbindet eine Erinnerung damit.
Fotos von Kühlschränken und Bücherregalen machen neugierig, wie diese allseits bekannten Anblicke den oder die Besitzer charakterisieren könnten. Gesammelte, gefundene Fotos von Fußballern, Frauen etc. erinnern an die Bildatlanten von Aby Warburg und gleichzeitig an die Sammelleidenschaft von Kindern.

Im dritten Raum sind Bänke in einem abgedunkelten Raum aufgestellt und es wird ein Schattentheater gezeigt. Auf einem Tisch sind rotierende Scheiben nebenaneinander aufgestellt und auf diesen Drehtellern stehen Figuren. Die Figuren werden mit Scheinwerfern angestrahlt und werfen große Schatten an die Wand. Die Arbeitsweise von Fotografie und Film wird auf den Punkt gebracht und unterhaltsam umgesetzt. Es waren gerade zwei Familien mit kleinen Kindern mit mir im Raum und diese beobachteten mit großem Interesse die bewegten Schatten.

Der letzte Raum ist das fotografische Kabinett im Untergeschoss des Sprengel Museums. Dort zeigt Feldmann eine Reihe von Fotografien. Jedes Foto zeigt einen Menschen, der jeweils ein Jahr älter ist als der Mensch auf dem vorherigen Bild. So ist eine Fotoserie mit Menschen im Alter von 1 bis 100 entstanden. Für diese Werk werden Sponsoren gesucht. Jeder kann ein Foto für das Sprengel Museum erwerben und sein Name wird bei Präsentationen dieses Werkes zu lesen sein. Es erinnert vielleicht an eine Patenschaft für ein Zootier, aber es ist für diese Fotoserie eine gute und passende Idee.

Zur Ausstellung gibt es das Buch Nummer 9 von Hans-Peter Feldmann. Ebenfalls ein Kunstwerk das zum Nachdenken über Kunst anregt. Und hier liegt das Besondere: (neben der guten Kunst und der schönen Ausstellung) der Künstler möchte offenbar, dass sich das Publikum kritisch mit Kunst auseinandersetzt und hinterfragt, warum diese Werke im Museum ausgestellt werden. Im Gegensatz zu vielen Institutionen, die nur behaupten, dass es Kunst ist, weil ja schließlich auch hohe Preise dafür gezahlt werden, soll hier das Gezeigte hinterfragt werden.
Nach dieser Ausstellung werden die Werke von Beuys’, Vostell oder Roth in der Sammlung des Sprengel Museums mit etwas anderen Augen betrachtet. Sicherlich abhängig davon, ob dem Betrachter die Kunst von Feldmann gefällt.