Montag, 26. Februar 2007

v-boom - raymond pettibon / bali - wolfgang tillmanns

In der Kestnergesellschaft vom 16.02.2007 bis zum 06.05.2007

Mailkommunikation zwischen flaneur und Trainer:

Hallo, Herr Trainer,
wie hat Ihnen denn die aktuelle Ausstellung in der Kestnergesellschaft gefallen,
die Doppelausstellung von Raymond Pettibon und Wolfgang Tillmans? Von Pettibon sind ja lediglich Unmengen kolorierter Zeichnungen zu sehen (wenn man mal von den zwei Animationsfilmchen absieht). Reichlich kryptisch, wenn Sie mich fragen. Die englischen Kommentare sind mit meinem Schulenglisch leider nicht zu verstehen. Können Sie mir das mal erklären?
Hallo, Herr flaneur,
viel zu erklären gibt es da wahrscheinlich nicht. Es ist doch eher ein Gesamtrauschen, ein anarchistisches Bilderkonzert in Punkmanier. Bei Pettibon bekommt die anarchische Jugendkultur der Punks Illustrationen geliefert…
Und Wolfgang Tillmanns? …bei Tillmanns erhält die lustbetonte Jugendkultur der Technoanhänger Wandschmuck oder Tischauslagen. Als Aushängeschilder der Jugendkulturen können die Künstler in ihrem Alter aber nicht mehr arbeiten. Vielleicht geben sie sich deshalb einen politischen / ernsthaften Anstrich.
Seine selbst redigierte Ausstellung ist im Obergeschoss zu sehen. Der interessantere Teil befindet sich in der größeren Halle. Auf vielen selbstgestalteten Tischen hat Tillmans Fotos mit Zeitungs- und Journalausschnitten kombiniert. Jeder Tisch zeigt ein anderes Thema. Das ist oberflächlich betrachtet recht kurzweilig. Aber es steckt ja bestimmt wieder mal viel mehr dahinter, woll? An dieser Stelle schon mal ein Vorwurf: Eine Möglichkeit, sich im Sitzen einen Blick über die Ausstellung schweifen zu lassen, wäre – auch für uns „junge 68er“ - nicht schlecht gewesen. Vielleicht auf selbstdesignten Bänken? (Zumal man ja von der Pettibon-Ausstellung schon etwas geschafft ist.)
Stimmt! Es ist mal wieder viel zu viel. Künstler könnten ihren Geschmack auch damit beweisen, dass sie für das Publikum die besten Sachen auswählen. Bei einer solchen Masse an Bildern und Fundstücken ist die Gesamtaussage so beliebig wie die falsch verstandene Postmoderne.
In der Punk-Ästhetik kenn ich mich einfach zu wenig aus – zumindest in den Bildwelten. Pettibon thematisiert ja eher Allerweltssujets in Comic-Ästhetik: die große Welle beim Surfen, auf den Betrachter zurasende Züge, Frauen, die mit Babys spielen... Und das in mehrfacher Ausfertigung und Variation. Meist in Tuschtechnik. Skizzenhaft. Unfertig, unvollendet. Und das soll Punk sein? Das Fragmentarische als Provokation? Die Motive erinnern ja eher an PopArt. Allerdings: Manche Kommentare, die ich doch verstehen kann, beinhalten ironische Gesellschaftskritik, wie z.B. der Spruch „Like the israelis we make bloom the desert“ unter einem in Aquarelltechnik gemalten amerikanischen Soldatenfriedhof.
Tillmans Ästhetik verstehe ich da schon eher. Wie soll man denn auch eine Auswahl treffen – in unserer Welt der Milliarden Bilder. Die Masse der ausgestellten Bilder entspricht eben diesem Dilemma. Einen ästhetischen Wandbehang für die Technik-Jünger, wie Sie es bezeichnen, vermag ich nicht zu erkennen. Eher drückt sein Bildauswahl den Versuch aus, in „dem Ganzen“ irgendeinen Sinn zu erkennen (oder ihm seinen persönlichen Sinn) zu verleihen.

Keine Kommentare: